Folge 87: Römische Kalkbrennerei in Bad Münstereifel-Iversheim (1)

Die Chemie des Kalks und der Kalkkreislauf werden thematisch in der siebten Schulklasse behandelt. Bei einem Ausflug in die Römische Kalkbrennerei in Iversheim, dem musealen Ausbau einer antiken Kalkfabrik, kann man sein Wissen erweitern und den Produktionsprozess bestens kennenlernen. Das Bauwerk ist hervorragend erforscht und eine der bedeutendsten archäologischen Fundstätten aus der Römerzeit nördlich der Alpen. Als eingetragenes Bodendenkmal ist die Anlage seit 2021 Teil des UNESCO Welterbes Niedergermanischer Limes und damit auch ein Alleinstellungsmerkmal für den Kreis Euskirchen. Die Manufaktur ist nach Art und Größe eine europäische Rarität und in ihrer Bedeutung wohl nicht so ganz in das Bewusstsein der Bevölkerung gedrungen.
1966 entdeckte man die Stätte beim Bau einer modernen Wasserleitung eher zufällig am Westhang der Erft unterhalb des Steinbruchs Hohe Ley. Die noch heute sichtbaren Dolomit-Vorkommen gehören erdgeschichtlich ins Mitteldevon und sind vor ca. 390 Millionen Jahren entstanden. Insgesamt wurden 6 Brennöfen ausgegraben sowie Fragmente einer Kantine und Grundmauern eines Arbeitsgebäudes. Die Öfen sind als Batterieblock angelegt in Reichweite zum höher gelegenen Kalksandsteinbruch. Die Hanglage war gewählt worden, damit der Materialtransport aus dem Steinbruch kräftesparend auf die oberhalb der Öfen liegende Einfüllgalerie erfolgen konnte.

Die Römer waren die ersten, die im heutigen Rheinland Bauten aus Bruchsteinen oder Mauerziegeln errichteten. Für die Mörtelherstellung brauchten sie große Mengen an Baukalk, der aus Kalkstein oder Dolomitkalk gebrannt werden musste. Die nördlichen Ausläufer der Kalkeifel bei Iversheim waren das nächstgelegene ergiebige Abbaugebiet im näheren Umfeld und im Einzugsbereich zahlreicher römischer Niederlassungen in Xanten, Neuss, Köln und Bonn. In diesen römischen Stätten und Militärlagern bestand ein hoher Bedarf an gebranntem Kalk.
Größere Mengen von ehemaligem Branntkalk und Aschereste, die in einem Ofen gefunden wurden, erlaubten der Wissenschaft Rückschlüsse auf Brennqualität und verwendete Holzarten. Ein Brennversuch in einem Original-Brennofen lieferte wissenschaftliche Erkenntnisse zu Brennstoffverbrauch und Brenndauer. Der geschätzte Brennholzverbrauch bei 16 Bränden pro Monat lag bei ca. 960 Raummetern an Weiden- und Pappelholz. Die Einfüllmenge an Dolomitkalkstein pro Ofen wurde mit ca. 25 Tonnen rekonstruiert. Das bedeutet pro Monat den Abbau von ca. 368 Tonnen Kalksandstein, die zerkleinert werden mussten und abzufüllen waren. Dazu bedurfte es kräftiger Legionärshände, denn hier war Handarbeit angesagt. Die über mehrere Tage konstant zu haltende Brenntemperatur lag bei ca. 1100 Grad Celsius. Die monatliche Produktion entsprach ca. 200 Tonnen. Über die Erft transportierte man das Baumaterial an den Rhein und von dort konnte die gesamte Provinz versorgt werden.
Quellen:
Broschüre Dorf-Verschönerungsverein Iversheim e.V. “Die römische Kalkbrennerei in Bad Münstereifel Iversheim
Zusammenfassung Walter Sölter









