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Folge 45: Die neue katholische Kirche in Odendorf

Sammlung Zehnthaus / Archiv der Gemeinde Swisttal • Apr. 20, 2023


Während der Ursprung der alten Odendorfer Pfarrkirche auf die Mitte des 12. Jahrhunderts zurückgeht, ist die neue Pfarrkirche St. Petrus und Paulus wesentlich jüngeren Datums.


1901 wurden unter Pastor Karl Welter vom Kirchenvorstand entscheidende Beschlüsse über den Neubau einer Kirche in Odendorf gefasst. Die materielle Basis dafür bildete eine Erbschaft des 1886 verstorbenen, aus einer angesehenen Kölner Familie stammenden Pastors Nikolaus DuMont an die Kirchengemeinde Odendorf. Die fehlenden Mittel sollten durch „freiwillige Beiträge“ der Odendorfer Familien und durch Umlagen gedeckt werden.

Erst nach Aufgabe der noch 1896 geplanten Kirchenerweiterung und eines Turmneubaus an der zu klein gewordenen alten Kirche ging die Planung eines Kirchenneubaus zügig voran. Die Leitung übernahm der Bonner Baumeister und Leiter der Kirchenbaufirma Becker & Böhm in Bonn, Jacob Stumpf (1875-1936).


Mit dem großzügigen Neubau, der Platz für 1500 bis 1600 Gläubige bietet und auf dem Grundstück des ehemaligen Pfarrgartens entstehen sollte, wurde mit dem ersten Spatenstich am 12.11.1901 begonnen. Die Vergabe der Bauarbeiten erfolgte im Januar 1902, die Grundsteinlegung im Mai 1902, die Einsegnung im November 1903. An der Flamersheimer Straße und an der heutigen Straße „Am Zehnthof“ erhielt die Kirche eine durchgehende Einfriedungsmauer mit Gitterstäben zwischen hohen Backsteinpfeilern, von der noch heute Reste als Sockel an der Flamersheimer Straße erhalten sind.

Die eigentliche Weihehandlung (Konsekration), die dem Bischof vorbehalten ist, erfolgte 1906. Durch die Konsekration wurde der Kirchenbau dem weltlichen Gebrauch entzogen und in den alleinigen Dienst Gottes gestellt.


Die Stilrichtung ist neugotisch. Die dreischiffige Backsteinkirche hat einen vorgesetzten, 56 m hohen Westturm. Die Zimmerarbeiten wurden von dem Odendorfer Handwerker Prior, die Schreinerarbeiten von Arentz ausgeführt.


Von der ursprünglichen Innenausstattung, die hauptsächlich aus den Einkünften der damals unbesetzten, aber bezahlten Vikariestelle beschafft werden konnte, sind noch erhalten (Auswahl):


  • Die Orgelempore aus Holz mit dem neugotischen Prospekt der 1907 von Peter Welter gestifteten und
    1908 mit 19 Registern von dem Bonner Orgelbauer Joh. Klais sen. als Opus 388 gebauten Orgel
  • Der 1907 von dem Tiroler Bildhauer Martiner aus St. Ulrich gelieferte Kreuzweg
  • Die Steinfiguren des hl. Petrus zur Linken und des hl. Paulus zur Rechten an den Säulen vor dem Chor
  • Die 1905 von Müllenbruck gelieferten Bänke.


Die ersten Chorfenster stiftete Theodor Keßel aus Odendorf, bekannt als „Brandwein-Brenner“, er war langjähriges Kirchenvorstandsmitglied. Im Zweiten Weltkrieg wurden sie so stark beschädigt, dass sie nicht mehr erhalten werden konnten. Die jetzigen Chorfenster von 1952 sind das Erstlingswerk des Glasmalers Paul Weigmann, der in der Nachkriegszeit insgesamt über 300 Glasfenster für zerstörte Kirchen entworfen hatte. Seine Werke befinden sich u. a. in den Kölner Kirchen St. Severin, im Bonner Münster und in den Domen von Mainz, Speyer und Paderborn. Die neuen, im Oktober 1973 eingesetzten Fenster in der alten Kirche wurden ebenfalls von Weigmann entworfen. Die Neuanfertigung der Buntglasfenster für beide Odendorfer Kirchen übernahm die traditionsreiche Glasmalerei Oidtmann aus Linnich.


In den Jahren 1993 bis 1996 erfolgte die letzte umfassende Restaurierung der neuen Pfarrkirche, die unter anderem die Erneuerung aller Gewölbe im Kirchenschiff und des kompletten Turmhelms umfasste.

Die neue Pfarrkirche erhielt dasselbe Patrozinium wie die alte Kirche, deren Schutzpatron zunächst St. Petrus und vermutlich erst seit der Barockzeit die Heiligen Petrus und Paulus waren. Das Patronatsfest wird am 29. Juni, dem liturgischen Gedenktag der Schutzpatrone begangen.


Die Kirche steht unter Denkmalschutz. Die Eintragung in die Liste der Baudenkmäler erfolgte am 6. Mai 1992 unter der lfd. Nr. 4.



Sammlung Zehnthaus
Die Information wurde zusammengestellt vom Verein Zehnthaus mit freundlicher Unterstützung des Archivs der Gemeinde Swisttal

von Prof. Dr. Frank Rumscheid 09 Mai, 2024
Im Heiligtum wurden den Matronen beschriftete und mit figürlichen Reliefs versehene Weihaltäre und vielleicht auch andere Kleinmonumente meist aus Kalk-, seltener aus Sandstein aufgestellt. Wie die Arten der aus regionaler Produktion stammenden Tongefäße zeigen, wurde im Heiligtum, wie es für viele antike Kulte bekannt ist, im Rahmen von Kultfeiern Essen zubereitet und verzehrt, außerdem gemeinsam getrunken. Nachdem das Heiligtum irgendwann nach dem ausgehenden 4. Jahrhundert – der Zeit, als die christlichen Kulte im Römischen Reich verboten wurden – aufgegeben worden war, trug man die Basilika bis in den Fundamentbereich hinein ab. Ähnlich wird es den anderen drei Bauten ergangen sein. Es ist aber nicht zu sagen, ob dies alles gleichzeitig in einer großen Aktion geschah oder über längere Zeit hinweg immer wieder brauchbares Steinmaterial – zumindest teilweise nach einer Überarbeitung vor Ort – sowie höchstwahrscheinlich auch Dachziegel und Holz abtransportiert wurden. Befund und Füllung des nördlichen, tieferen Grabens sprechen dafür, dass dort zwischen der Entnahme vermutlich von Palisadenhölzern und der Verfüllung mit scharfkantigem, also frisch zerschlagenem römischen Bau- und Votivdenkmälerschutt nur kurze Zeit verging. In der Merowingerzeit, genauer gesagt von der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts bis ins späte 8. Jahrhundert, nutzte man die Ruinenstätte, wohl weil sie schlecht zu beackern war, als Bestattungsplatz für wahrscheinlich deutlich mehr als sechs Menschen. Sie waren wohl schon Christen, wie die Ausrichtung zweier Skelette und das Kreuzmotiv auf der einzigen gefundenen Beigabe vermuten lassen. Während von den mindestens vier Individuen innerhalb des Bereiches der ehemaligen Basilika jedenfalls zwei – eine Frau und ein Kind – ordentlich begraben worden waren, kann man bei den beiden wohl männlichen Skeletten, die außerhalb in tieferen Gruben angetroffen wurden, nicht von regulären Bestattungen sprechen. Dies und die abweichende Ernährung dieser beiden Individuen sprechen dafür, dass sie nicht derselben Gruppe angehörten wie diejenigen, die innerhalb der Basilika bestattet waren.  Es gibt also zwei wichtige Neuigkeiten: Erstens bestand beim heutigen Odendorf gut drei Jahrhunderte lang ein römisches Matronen-Heiligtum, das sich nach Baubestand und Größe zwischen die bekannten Matronenheiligtümer bei Nettersheim (sog. Görresburg) und Nöthen (sog. Heidentempel) einreiht. Zweitens sind die frühmittelalterlichen Gräber, die später auf dem Gelände angelegt wurden, für Odendorf die ersten nachgewiesenen merowingerzeitlichen Befunde.
von Prof. Dr. Frank Rumscheid 20 Apr., 2024
Auf einem Feld am östlichen Ortsrand von Odendorf fanden 2015 und 2019 mit zehn bzw. 15 Studierenden zwei vierwöchige Lehrgrabungen der Universität Bonn statt, die in Kooperation mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) durchgeführt wurden. Der Platz schien uns interessant, weil auf einem älteren LVR-Luftbild Grundriss-Strukturen zu erkennen und zudem bei Begehungen durch Dirk Tomalak, einen ehrenamtlichen Mitarbeiter des LVR, auffällig viele Scherben römischer Gefäße gefunden worden waren. Wie ich im Rahmen eines vom Verein Zehnthaus organisierten Vortrages am 10. April 2024 in Odendorf ausführlicher berichtet habe, wurden in mehreren unterschiedlich großen Grabungsschnitten vier römische Bauten sowie zwei Gräben und einige Bestattungen aus dem frühen Mittelalter nachgewiesen. Nachdem nun außer den Bodenbefunden auch die entdeckten Münzen, lateinischen Inschriften, skulptierten Steinfragmente sowie die Gefäßkeramik ausgewertet und die menschlichen Knochen durch Prof. Wolf-Rüdiger Teegen (LMU München) analysiert sind, lässt sich die Nutzungsgeschichte des Platzes wie folgt rekonstruieren: Frühestens irgendwann in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. wurde der Platz als Heiligtum der Matronen eingerichtet, einer Dreiheit von Muttergottheiten, die in der Provinz Niedergermanien von Römern und Ubiern gemeinsam verehrt wurde. Mit dem Platz sind nun auch zwei Altarsteine zu verbinden, die den Matronae mit dem germanischen Beinamen Aserecinehae geweiht sind. Abgüsse der Steine, die bereits im späten 19. Jahrhundert bei Odendorf gefunden wurden, sind in der Nähe des dortigen Zehnthauses zu sehen.
von Klaus Peter Scholz / Käthe Kerner 01 Apr., 2024
Das Kerner-Haus, links in Odendorf (Foto Käthe Kerner), rechts wiederaufgebaut in der Eifel (Foto Klaus Peter Scholz) Ein Interview mit Frau Käthe Kerner - geführt von Klaus Peter Scholz, Teil 2 Die Zeit nach Kriegsende und Neubeginn für meine Familie Bei Kriegsende waren die Folgen im Dorf unübersehbar, um das Haus herum lagen Trümmer. Mein Vater Josef Kümpel kam 1945 mit einem Augenleiden aus dem Krieg zurück und arbeitete als Selbständiger im Bereich Elektroinstallation. Kundschaft gab es in der Eifel. Meine Mutter Anna Kümpel arbeitet mit auf dem Felde und teilweise in der Kundenberatung. Elektroherde waren damals etwas Hochtechnisches. Der Großvater starb 1951, damit hörte die Landwirtschaft auf. Der Stall wurde aufgegeben und in eine Werkstatt umgewandelt. Im Garten der Eltern errichteten mein Mann und ich 1961 für meine Familie einen Bungalow, der heute noch von der Familie meiner Tochter bewohnt wird. Das Haus auf Reisen Das Elternhaus gehörte inzwischen meinem Bruder, der sich von dem „Altertümchen“ trennen wollte. Wobei dieser Begriff etwas schmeichelhaft ist, denn das Haus war wirklich in die Jahre gekommen. Unmittelbar daneben wurde ein neues Haus gebaut mit einem Abstand von 1,5 Metern. Beide Häuser standen eine Weile nebeneinander. Mit Hilfe eines Architekten kam es 1973 zu der Vereinbarung, das Haus abzubauen und das Ständerwerk an neuer Stelle in der Eifel wieder zu errichten. Das Traggerüst aus Holz wies keinerlei Schäden auf. Die Gefache bestanden aus einem Holz-Stroh-Lehmgemisch, das einfach rausgeschlagen wurde. Das Balkengerüst bekam vor dem Abtransport eine sorgfältige Nummerierung. Der Architekt hatte am neuen Standort einen Aushub für einen neuen Keller veranlasst. Darauf wurde das Balkenwerk im Original wieder errichtet und mit denkmalgerechtem Fachwerk versehen. Dort steht es noch heute. Es sind kleinere Veränderungen im Inneren des Hauses vorgenommen worden, seitlich wurde ein moderner Anbau angefügt, aber in der Grundsubstanz steht das Original unverändert. Ein Besuch in der Eifel Das Haus steht in Schmithof in der Nähe von Roetgen in der Eifel an markanter Stelle umgeben von Grün und Baumbestand. Inzwischen bewohnt die dritte Familie das Schmuckstück. Bei einem Besuch im Februar wurden wir sehr freundlich empfangen und waren von der Außen- und Innenwirkung des Hauses und dem baulichen Zustand stark beeindruckt. Es könnte wieder auf eine Reise gehen. Was bewegt Sie heute, wenn sie an jene Zeit denken? Ich hatte eine sehr glückliche Kindheit in Odendorf, an die ich sehr gerne zurückdenke Wir sind barfuß gelaufen und spielten am Orbach. Dort gab es damals einen großen Bestand von Akazienbäumen. Die Hühner und Gänse liefen einfach über die Straße, die Erwachsenen trafen sich vor dem Haus zum Plaudern. Andere Ablenkungen gab es kaum. Damals läuteten die Kirchenglocken morgens um 11 Uhr. Das war das Zeichen für die Bauern bei der Feldarbeit ins Dorf zurückzukehren zum Mittagessen. Es war eine völlig andere Zeit. Wir fühlten uns sehr frei und dennoch behütet. Ich freue mich sehr darüber, dass das von Hans Peter Sahs gebastelte Modell des „wandernden Hauses“ noch existiert.
von Klaus Peter Scholz / Käthe Kerner 18 März, 2024
Das Kerner-Haus, Zeichnung von R. Arzdorf Ein Interview mit Frau Käthe Kerner - geführt von Klaus Peter Scholz Es war einmal ein Haus in Odendorf, das sich auf eine Wanderung begab... So könnte die Erzählung anfangen. Ja, aber anders als im Märchen gab es dieses Haus wirklich! Und es existiert immer noch. Über meine Familie Geboren wurde ich in Lübeck. Mein Vater war Elektroinstallateur und arbeitete damals bei der Firma Dornier in Lübeck. Diese norddeutsche Episode währte nur kurz. Ich war ein Jahr alt, als meinen Eltern nach Odendorf zurückkehrten, wir zogen in das Haus meiner Großeltern Wilhelm und Elisabeth Kümpel, In der Freiheit 5. Mein Großvater war Landwirt. Neben dem Haus gab es Stallungen für Kühe, Schweine und das Federvieh. Über der Haustür stand die Inschrift ANNO 1686 28. May C*N*W*P*V XOR. Es war das älteste Haus in Odendorf. Hier bin ich aufgewachsen. Der Maler R. Arzdorf hat das Haus gezeichnet. Das Bild bekam ich zu meinem 60. Geburtstag geschenkt. Es ist noch heute im Besitz meiner Familie
von Gemeindearchiv Swisttal / Sammlung Zehnthaus 09 März, 2024
Protest gegen den neuen Brunnen auf dem Odendorfer Zehnthofplatz: links: Leserbrief von Hans Lutterbeck im General-Anzeiger Bonn vom 08.08.2002, rechts Foto im General-Anzeiger Bonn vom 10.09.2002 (Foto: Volker Lannert) Bereits im Juli 2002 schrieb Herr Lutterbeck einen Brief an die Gemeinde Swisttal, in dem er sich gegen eine neue, größere Brunnenanlage aussprach: „Wir, die „großen Deutschen“ neigen immer zu Größerem und Prächtigerem. Nicht nur die Hauptstadt Berlin steht kurz vor dem Ruin, auch die Länder und Kommunen klagen über leere Kassen und die Gemeinde Swisttal macht da keine Ausnahme. Da hat es mich schon gewundert, dass unser Brunnen auf dem Zehnthofplatz gegen eine größere Brunnenanlage ausgetauscht werden soll.“ Er argumentiert schließlich für eine Restaurierung des alten Brunnens. Seine Meinung zum neuen Brunnen hat Herr Lutterbeck später auch in einem Leserbrief im General-Anzeiger am 8. August 2002 kundgetan. Schließlich schlugen die Wellen auch bis zu den Mauern des Zehnthauses und damit zum Verein. Herr Spiegelhauer hatte bei dem Brunnenprojekt bildhaft gesprochen drei Hüte auf. Er war beruflich wissenschaftlicher Mitarbeiter im Amt für Denkmalpflege, er war Angehöriger der Auswahlkommission und er war Mitglied und Kulturwart im Verein Zehnthaus e.V. Herr Lutterbeck hat das Verhalten von Herrn Spiegelhauer, der sich für einen neuen Brunnen eingesetzt hat, kritisiert und Unverständnis für seine Auffassung geäußert. Dadurch geriet der Verein Zehnthaus als Ganzes in die missliche Lage, scheinbar ebenfalls für einen neuen Brunnen zu votieren. Dazu hatte es vom Verein aber keine offizielle Verlautbarung gegeben. Herr Lutterbeck zog seine persönliche Konsequenz, in dem er seinen Austritt aus dem Verein Zehnthaus erklärte. Doch die Brunnenplanung wurde umgesetzt. Die Gemüter hatten sich beruhigt. Den richtigen Rahmen für die Inbetriebnahme des neuen Dorfbrunnens auf dem Zehnthof-Platz bot das Dorffest 2002. Per Knopfdruck lief das Wasser über 4,8 Tonnen Basaltgestein, die Zuschauer applaudierten. Herr Lutterbeck demonstrierte mit Protest-Plakat. Wie ist die Finanzierung gelaufen? Heinrich Vornhagen hatte anlässlich seines 80. Geburtstags um Geldspenden gebeten. Dabei war eine Summe von 5.000 € zusammengekommen. Diesen Betrag stellte er für das Projekt zur Verfügung. Dazu kamen länger bewilligte Gemeindemittel für Dorferneuerungsmaßnahmen. Insgesamt beliefen sich die Kosten auf 20.000 bis 25.000 €. Heute erzählt der Brunnen keine Geschichten mehr. Bei geeigneter Wetterlage plätschert sein Wasser und erfreut Klein und Groß. Die Sichtachse von der Straße aus und auch innerhalb des Zehnthofplatzes wird allerdings fast immer von parkenden Autos eingeschränkt. Schade. Vielleicht Zeit für einen neuen Protest?
von Gemeindearchiv Swisttal / Sammlung Zehnthaus 24 Feb., 2024
Der alte Brunnen auf dem Zehnthofplatz, im Hintergrund das Zehnthaus (Foro: Meike Böschemeyer) Beschaffung und Aufbau des Brunnens haben eine lange planerische und teilweise auch kontroverse Vorgeschichte. Wir blicken zurück. Bereits 1991 behandelte der Bau- und Vergabeausschuss der Gemeinde Swisttal das Thema im Zuge der vorgesehenen Umgestaltung des Ortskerns in Odendorf. Eine weitere Beratung folgte ein Jahr später mit dem Ergebnis, dass aufgrund der allgemeinen Haushaltssituation der Gemeinde das Vorhaben verschoben werden muss. Die Umgestaltung des Ortskerns in Odendorf gehörte 2001 erneut zu den Tagesordnungspunkten des Bau- und Vergabeausschusses. Nach Beratung in den Fraktionen gab der Ausschuss in seiner Sitzung am 5. Juni 2002 grünes Licht für den Neubau eines Dorfbrunnens und benannte die Mitglieder für eine Kommission, die den „Basaltlava Block mit Durchbohrungen für die Brunnenanlage“ aussuchen sollte. Der alte, eher unscheinbare Brunnen mit dem Pumpenschwengel war in die Jahre gekommen. Der Pump-mechanismus war bereits seit fünf Jahren defekt und hätte 15.000 DM Reparaturkosten verursacht, auch weil der Brunnen mehrfach angefahren worden war. Gleichwohl hat er sich, wenn auch bescheiden, harmonisch in das Bild zwischen Kloster, alter Kirche und Zehnthaus eingefügt. Die Stein-Auswahlkommission mit Vertretern der Fraktionen, Ortsvorsteher Willi Kümpel und Dieter Spiegelhauer vom Rheinischen Amt für Denkmalpflege sowie Vertretern der Verwaltung nahm nun ihre Arbeit auf. Ein Blickfang sollte es schon werden, mit einer Mindesthöhe von 1,50 Meter bis 1,80 Meter, damit er auch schon von der Straße aus optisch wahrgenommen werden könnte. Reparatur oder Installation eines neuen Brunnes? Hinter dem Ratsbeschluss für die Neubeschaffung stand als treibende Kraft der frühere Ortsvorsteher Heinrich Vornhagen. Dieser musste sich von Teilen der Bevölkerung den Vorwurf gefallen lassen, er wolle sich mit dem Projekt ein Denkmal setzen, was Vornhagen allerdings dementierte. Das neue Oldendorfer „Schmuckstück“ wurde also bereits im Vorfeld zum Zankapfel. Eine Odendorfer Bürgerinitiative, hauptsächlich in Person des Odendorfer Bürgers Hans Lutterbeck, argumentierte, das Geld könne beispielsweise sinnvoller für einen Wetterschutz an der Friedhofshalle verwendet werden, und man habe doch bereits einen schönen Brunnen. In einem Flugblatt, das Lutterbeck auf dem Zehnthofplatz an die Odendorfer Bürger verteilte, führte er unter anderem an: „Dieser Dorfbrunnen, ein Steinkoloss, ist keine Verschönerung. NEIN, das ist eine Verschwendung von Steuergeldern, die anderswo dringend und sinnvoller benötigt werden“. Flugblatt von Hans und Paula Lutterbeck von 2002:
von Sammlung Zehnthaus / Schule am Zehnthof 10 Feb., 2024
Letztes Geleit für Lehrer Golla (Quelle: General-Anzeiger Bonn, Juli 1965) Fortsetzung der Korrespondenz zwischen Lehrer Schuhmacher und dem avisierten Neuzugang, Lehrer Golla. „Odendorf, den 3. 8. 21. Geehrter Herr Golla! Entschuldigen Sie, daß ich Ihr Schreiben erst heute beantwortet. Hier waren die 14-tägigen Sommerferien, die ich zu einer Rheinhöhenwanderung benutzte. Ich kam erst dieser Tage an. Aufrichtig gesagt, an Sie hatte ich schon nicht mehr gedacht; glaubte, Sie säßen an einer Stelle, die Ihnen mehr zusagte. Seitens der Regierung ist auch schon seit dem 1.4. ein Lehrer auftragsweise hier angestellt, ein Rheinländer und Kriegsbeschädigter dazu. Der hatte schon geglaubt, er bekäme die Stelle. Wenn nun Berlin entscheidet, daß Sie hierher müssen, so ist eben nichts zu machen. Sie werden sich dann mit den hiesigen Verhältnissen vertraut machen müssen. Es mag für einen Ostländer ja schwierig sein, sich in unserer Art einzugewöhnen, aber mit etwas gutem Willen geht es doch. Ich glaube übrigens, daß ich Ihnen damals so ziemlich alles schrieb, was Sie interessieren dürfte. Ihr Vertreter wohnt bei den 2 Damen u. ist sehr zufrieden mit seinem Quartier. Nur ist der Übelstand dabei, daß er mittags und abends dort nicht essen kann. Er hat nun die 2 Mahlzeiten bei mir eingenommen. Meiner Frau ist das nun auf die Dauer zu viel Arbeit. Sie müssen sich also nach etwas Anderem umsehen, was aber nicht schwer sein dürfte. Wohnen können sie jedenfalls auch bei den Fräuleins. Die Einreiseerlaubnis muss jedenfalls ihre vorgesetzte Behörde bei der Interrall. Kommission für Sie beantragen. Einen Pass bekommen Sie dann hier ausgestellt. Hier gibts gegen den 20. September herum noch einmal 25 Tage Ferien. Am besten fangen Sie dann den Unterricht hier nach den Ferien an, gegen den 20.10. herum. Ihr Befürchtnis, daß nichtrheinische Beamte ausgewiesen würden, scheint nicht zutreffend zu sein, denn hier hört man nichts mehr davon. Das gebe auch einen netten Wirrwarr. Denn wieviel nichtrheinische Beamte mögen wohl in unserem Rheinland sein? Ob unser Klima hier milder ist wie auf Rügen, weiß ich nicht, möglich wäre es schon. Es stehen in unserem Bezirk eine ganze Menge ausgewiesener Lehrer, die sich an die hiesigen Verhältnisse ganz gut schicken. Unsere Schuljugend ist allerdings, wie sie alle sagen, viel lebhafter; das ist eben rheinischer Art. Sie brauchen also keine großen Befürchtnisse zu hegen. Nun, es wird sich alles finden, wenn Sie hier sind. Mit bestem Gruß Schumacher“ Damit endet die Darlegung der Korrespondenz. Lehrer Johannes Golla, vorher Lehrer auf Rügen, trat seinen Dienst an der Odendorfer Schule im Oktober 1921 an. 1957 wird er nach 36 Jahren Schuldienst in Odendorf feierlich verabschiedet. Bis zu dieser Pensionierung unterrichtete er mehrere Generationen in Odendorf. Entsprechend würdevoll war die Feierstunde zu seiner Verabschiedung im Beisein von Prominenz aus Politik, Verwaltung, Kirche. Seine Schüler sorgten mit Gesangs- und Gedichtvorträgen für den festlichen Rahmen. Lehrer Golla verstarb 1965 in Odendorf.
von Sammlung Zehnthaus / Chronik Schule am Zehnthof 26 Jan., 2024
Lage der alten Schule (Quelle: Urkataster 1823, rekonstruiert 1984 Dieter Spiegelhauer) Mit dieser Ausgabe setzen wir die Korrespondenz des Odendorfer Lehrers J. Schumacher mit einem Antwortbrief fort. Er ist an Herrn Golla gerichtet, den zukünftigen Lehrer in Odendorf. „Odendorf, den 29.3.21 Geehrter Herr Kollege. Heute morgen erhielt ich Ihr Schreiben, darauf möchte ich Ihnen folgendes erwidern: Für eine Wohnung ist schon gesorgt, wenigstens insoweit, daß ich mit einigen Dorfinsassen Rücksprache genommen habe. Zwei ältere Damen sind erbötig, Ihnen ein, auch, wenn Sie es wünschen, zwei Zimmer abzutreten. Die Mahlzeiten können Sie hier im Krankenhause bekommen. Dann sind aber auch noch andere Leute hier, die sie vielleicht in volle Pension nehmen. Da habe ich allerdings einige Bedenken, die ich Ihnen schriftlich nicht gern mitteilen möchte. Jedenfalls braucht die Wohnungsfrage sie nicht abzuhalten, zu uns in den Westen zu kommen. Was ich fürchte, ist etwas anderes. Vielleicht ging auch durch ihre Blätter die Nachricht, die Entente wolle alle nichtrheinischen Beamten aus dem besetzten Gebiete entfernen. Das wäre ja dann ein böses Ding. Bestimmtes weiß man nicht. Vielleicht ist es auch nur Zeitungsgeschwätz. Hiesige 2. Stelle ist mit dem 1.4. freigeworden. Bis 1. Juli brauchen Sie nicht zu warten. Eine Einreiseerlaubnis müssen sie nicht haben, desgl. Paß. Im Übrigen wird die Passkontrolle kaum gehandhabt. So ganz billig wie auf Ihrem Rügen ist das Leben hier ja nicht. Alles aber ist zu haben. Die Lebensmittelpreise sind schon merklich gesunken. Vielleicht gefällt es Ihnen bei uns ganz gut. Wenn Sie hierherkommen, finden Sie eine Wohnung, und es wird Ihnen unser schönes Rheinland noch zu einer zweiten Heimat. Also keine zu großen Befürchtnisse. Wir fühlen uns hier ganz wohl. Mit bestem Gruß Ihr J. Schumacher." Lehrer J. Schumacher war von 1901 bis 1922 Lehrer und Küster in Odendorf.
von Sammlung Zehnthaus 10 Jan., 2024
Die alte Schule und Brücke am Orbach (Quelle: Chronik Schule am Zehnthof) Nach dem Waffenstillstandsabkommen im November 1918 wurde das links-rheinische Gebiet durch das Militär der Siegermächte besetzt. In diese Zeit fiel 1921 die Korrespondenz von J. Schumacher, von 1901 bis 1922 Lehrer und Küster in Odendorf, mit Herrn Johannes Golla aus Rügen, der auf eine Lehrerstelle in Odendorf abgeordnet war und diese am 20. Oktober 1921 auch antrat. Die nächsten Kolumnen enthalten den Schriftverkehr von Herrn Schumacher. Die Briefe von Herr Golla befinden sich leider nicht in der Sammlung Zehnthaus. „Odendorf. 21.3. 1921. Werter Herr Kollege! Habe heute Ihr Schreiben erhalten u. möchte Ihnen Nachfolgendes darauf mitteilen! Unser Ort zählt rund 1000 Seelen (katholisch), die Schule ist 3-kl., 2 Lehrer und eine Lehrerin, Klassenzahl durchschn. 60 Kinder. Eine Wohnung werden Sie hier wohl bekommen können, zumal ein Zimmer Ihnen genügt. Hier ist ein Krankenhaus, das von Schwestern geleitet wird. Da können Sie auch essen. Im allgemeinen ist hier auch Wohnungsnot. Unser Bezirk hat französische Besatzung. Der Ort, wie überhaupt das flache Land sind davon frei. Die Lebens- u. Teuerungsverhältnisse sind nicht am günstigsten, aber das wird wohl überall sein. Wir sind in der niedrigsten Teuerungsklasse, doch besteht die Aussicht, dass wir höher kommen. Wir erhalten ja auch erhalten ja auch Besatzungszulage, 1080 M. Odendorf ist Bahnstation, Strecke, Bonn - Düren. Zwölf Minuten fahren Sie bis Euskirchen, eine Stunde bis Bonn und Cöln. Wir liegen im Verkehrszentrum. Hier sind auch viele Fabrikarbeiter, doch ist die Bevölkerung so übel nicht. Das wäre in Kürze die Beantwortung Ihrer Fragen. Verschiedene Kollegen aus dem Osten sind in der Nähe. Ich kann mir ja lebhaft vorstellen, daß die Entfernung aus den ihnen vertrauten Verhältnissen Sie etwas schreckt. Land u. Sitte hiesigenorts sind ja etwas anders als die Ihren, aber gut Deutsch sind wir hier auch. Was ja die Zukunft bringt, so lässt sich da wenig sagen. Wir liegen auf der linken Rheinseite, also nicht gerade angenehm. Aber wir hoffen, dass wir Deutsch bleiben, trotzalledem. Ich nehme an, daß Sie katholisch sind, nicht weil ich eine andere Konfession geringer einschätzte, aber es wäre doch peinlich, wenn ein Andersgläubiger hierher käme. Wir Rheinländer sind friedlicher Art, vielleicht etwas lebhafter wie im Osten, aber wie ich schon oben beschrieb, gut deutsch, wenn wir vielleicht auch nicht so preußisch fühlen. Wie Sie sich nun zur Sache stellen, muß ich Ihnen überlassen; schlimm ist es bei uns jedenfalls nicht. Ich bin schon 20 Jahre am hiesigen Ort. Fortbildungsmöglichkeiten stehen Ihnen auch genügend zu Gebote, da Bonn und Köln mit ihren Universitäten bequem erreichbar sind. Ihr Rügen mag landschaftlich sicher herrlich sein, aber unser Rhein ist auch wundervoll.  Wie sie sich auch entschließen mögen, schreiben Sie bitte Bescheid; die 2. Stelle soll ja nach Ostern besetzt werden. Vielleicht kann ich Sie dann hier begrüßen. Ich bin verheiratet. Wir Lehrpersonen halten treu zusammen. Wenn sie ihre Fahrt hierher nehmen, müssen Sie bis Cöln fahren, dann auf Euskirchen u. von da nach Odendorf. Ich denke, daß Sie jetzt genügend orientiert sind. Weitere Aufschlüsse gebe ich jederzeit gerne. Mit bestem koll. Gruß. Ihr. J. Schumacher“
von Sammlung Zehnthaus 01 Dez., 2023
"Bunte Katzen" aus der Kunstausstellung Schule am Zehnthaus (Foto: Klaus Peter Scholz) 1889 führt der lokale Schulinspektor Breuer erneut Beschwerde über die Beengtheit und den Zustand der Schule, den fehlenden Schulbrunnen und über das undichte Dach in der Wohnung der Lehrerin. In dem alten Schulgebäude erhalten zu der Zeit in der Oberklasse 66 und in dem Anbau in der Unterklasse 76 Kinder Unterricht. Die königliche Regierung in Köln drängt den Amtsbürgermeister zum Bau einer neuen Schule. 1891 akzeptierte Bürgermeister Esser die Pläne, den ersten Teil der zweigeschossigen Schule an der heutigen Flamersheim Straße als Backsteinbau mit zwei Klassenzimmern zu errichten. Die Unterklasse bestand aus dem 1. bis 4. Schuljahr, die Oberklasse aus dem 5. bis 8. Schuljahr. Um 1900 wurde bereits eine dritte Lehrerstelle genehmigt. Bei inzwischen 170 bis 180 schulpflichtigen Kindern drängte die königliche Regierung 1903 auf den Bau eines dritten Schulzimmers. 1904 beschließt der Bürgermeisterrat Odendorf-Essig den Erweiterungsbau für zwei weitere Klassen Richtung Flamersheimer Straße. Die Zahl der Einwohner lag bei der Errichtung der dritten Lehrerstelle bei 801, erreichte um 1924 die Grenze von 1041 und stieg bis 1942 auf 1121 Bewohner. Von 1900 bis 1947 blieb die Zahl der Lehrer konstant. Nun ließ der Flüchtlingsstrom die Schülerzahl ansteigen und eine vierte Lehrerstelle wurde eingerichtet. 1957/1958 wurde das Backsteinschulgebäude bei der Renovierung verändert, erhielt eine Zentralheizung, neue vergrößerte Fenster, eine neue Toilettenanlage und den hellfarbenen Putz. Viel Lob fanden damals das neue Gestühl sowie erstmals bewegliche Tische und Stühle statt der starren Dreier- und Viererbänke. Mitte der 60er Jahre wird der neue Mittelbau mit 4 Klassen und Gymnastikhalle erstellt. Zehn Jahre später erfolgt erneut eine Erweiterung mit Mehrzweckraum, Verwaltungstrakt, zwei Klassen und zwei Gruppenräume für den Schulkindergarten.
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